Es ging um Meeresströmungen und nicht darum, ob die Proportionen der Kontinente stimmen. Zudem Wissenschaftsgeschichte.
Datum: 14. Oktober 2017 11:14
Die von mir gezeigte Karte ist wesentlich besser als dieser Globus des Nürnbergers Martin Behaim von 1492, durch welchen Kolumbus auf die Idee gebracht wurde nach Indien zu segeln:
Schuld daran war, dass frühere wissenschaftliche Werke in der Bibliothek von Alexandria - es sollen 40.000 bis 700.000 Bücher in Form von Schriftrollen gewesen sein, nicht den Vorstellungen des späteren Zeitgeistes entprachen - etwa dass die Erde eine Scheibe wäre mit Hölle unten und Himmel mit Herrgott und Engeln oben.
Ob die Bibliothek zerstört wurde oder die Bücher einfach zerfielen, da keine beträchtlichen finanziellen Mittel mehr zur Restaurierung oder zum Kopieren durch Abschreiben in großem Umfange aufgewendet wurden, ist ungewiß.
Auch wurde wohl die Bedeutung bahnbrechender Entdeckungen nicht richtig eingeschätzt, sodass sich Irrlehren durchsetzen konnten.
Erhebliche Schuld daran trägt auch der Mathematiker, Astronom und Geograph Ptolemäus, etwa 100 - 160 n. Chr., welcher die erste Weltkarte der bis dahin bekannten Welt anfertigte, die über 1000 Jahre in Gebrauch war:
Im Süden und Osten ließ er seine Phantasie spielen und hielt den indischen Ozean für ein Binnenmeer.
Die Inseln am Nordpol haben aber spätere Knallköpfe wie etwa der bedeutende Gerard Mercator dazu erfunden.
Ganz außer acht ließ man frühere Schriften aus der großen Ägyptischen Zeit, welche die eisbedeckten Pole erwähnten. Und was dann Ovid etwa 1-8 n. Chr. darüber schrieb, hielt man für bloße Dichtung, denn er war ja ein Dichter, ein Auszug aus seinen Metamorphosen.
Kugelgestalt der Erde gehörte vor und kurz nach Christi Geburt zum Allgemeinwissen, etwa Ovid:
Zitat:Wie er so das Gemisch, wer jener der Götter gewesen,
Ordnend hatte zertheilt und in Schichten gefügt das zertheilte,
Rundete er im Beginn, auf daß nach jeglicher Seite
Gleich sie wäre, zur Form großmächtiger Kugel die Erde.
Weiter mal auf englisch, da das besser übersetzt ist- die Klimazonen mit den kalten Polen - ist natürlich viel Dichtung dabei:
Zitat:And as five zones th' aetherial regions bind,
Five, correspondent, are to Earth assign'd:
The sun with rays, directly darting down,
Fires all beneath, and fries the middle zone:
The two beneath the distant poles, complain
Of endless winter, and perpetual rain.
Betwixt th' extreams, two happier climates hold
The temper that partakes of hot, and cold.
The fields of liquid air, inclosing all,
Surround the compass of this earthly ball:
Der griechische Geograph Pytheas von Massalia unternahm 325 v. Chr. eine Seereise nach England und Grönland und sah auch das arktische Meereis und beschrieb seine Entdeckungen, auch das Polarlicht. Leider sind nur mehr Fragmente vorhanden. Spätere griechische und römische Autoritäten verwarfen das aber als Phantasie.
Wie gesagt, die Europäer entdeckten um 1409 die Schriften des Ptolemäus wieder, fanden auch seine Weltkarte und begriffen das mit den Längen und Breitengraden und konnten dann besser navigieren.
Allerdings hatte Ptolemäus, der ein bedeutender Astronom war, auch Irrlehren verbreitet, nämlich dass die Sonne um die Erde kreisen würde. Aber da seine Bahnberechnungen denen des Kopernikus überlegen waren, glaubte man das weiterhin. Erst Kepler konnte dann durch den Hinweis auf Ellipsenbahnen statt Kreisbahnen der Planeten das heliozentrische Weltbild durchsetzen, etwa 2000 Jahre nachdem es bereits bewiesen worden war.
Darüber, dass die Erde um die Sonne kreist und sich dabei um ihre eigene Achse dreht, schrieb der griechische Astronom und Mathematiker Aristarchos von Samos * 310 v. Chr. † um 230 v. Chr. ein Buch.
Da er es nicht einwandfrei beweisen konnte, wurde aber das nicht anerkannt. Das Gegenargument war, dass dann im Verhältnis zu den Fixsternen eine Parallaxe zu beobachten sein müsse. Diese nachzuweisen gelang aber erst 1838 mit entsprechenden Teleskopen.
Sein Buch ist auch nicht mehr erhalten, sondern Hinweise findet man nur in Zitaten, etwa Archimedes:
Zitat:„Du, König Gelon, weißt, dass ‚Universum‘ die Astronomen jene Sphäre nennen, in deren Zentrum die Erde ist, wobei ihr Radius der Strecke zwischen dem Zentrum der Sonne und dem Zentrum der Erde entspricht. Dies ist die allgemeine Ansicht, wie du sie von Astronomen vernommen hast. Aristarch aber hat ein Buch verfasst, das aus bestimmten Hypothesen besteht, und das, aus diesen Annahmen folgernd, zeigt, dass das Universum um ein Vielfaches größer ist als das ‚Universum‘, welches ich eben erwähnte. Seine Thesen sind, dass die Fixsterne und die Sonne unbeweglich sind, dass die Erde sich um die Sonne auf der Umfangslinie eines Kreises bewegt, wobei sich die Sonne in der Mitte dieser Umlaufbahn befindet, und dass die Sphäre der Fixsterne, deren Mitte diese Sonne ist und innerhalb derer sich die Erde bewegt, eine so große Ausdehnung besitzt, dass der Abstand von der Erde zu dieser Sphäre dem Abstand dieser Sphäre zu ihrem Mittelpunkt gleichkommt.“
Das Fehlen der Parallaxe führte er darauf zurück, dass die Fixsterne so unendlich weit weg wären, dass man die Parallaxe mit bloßem Auge nicht erkennen könne, aber das wollte man nicht akzeptieren.
Seinen Zeitgenossen mißfielen diese Hypothesen, da sie auch nicht dem Helenistischen Götterhimmel entsprachen. So schreibt etwa Plutarch:
Zitat:„Kleanthes [ein Zeitgenosse des Aristarch] glaubte, es sei die Pflicht der Griechen, Aristarch von Samos wegen Gottlosigkeit anzuklagen, dafür, dass er den Herd des Universums [die Erde] in Bewegung versetzt habe, da er die Phänomene zu retten trachtete, indem er annahm, der Himmel befände sich in Ruhe und die Erde drehe sich in einem schiefen Kreis und rotiere dabei um ihre eigene Achse.“
Der babylonische Astronom Seleukos von Seleukia * 190 v. Chr. welcher die Gezeiten der Anziehungskraft des Mondes zuschrieb, vertrat ebenfalls das heliozentrische Weltbild des Aristarchos und konnte das wegen größeren Genauigkeiten und theoretischen Überlegungen auch beweisen, was aber ebenso wenig Anklang fand.
Das geozentrische Weltbild des Ptolemäus war aber nicht sein einziger Irrtum ausser dem indischen Binnenmeer. Er nannte auch einen zu kleinen Erdumfang und bezog sich dabei wohl auf Poseidonios von Rhodes * 135 v. Chr. † 51 v. Chr. Dieser war ein Universalgelehrter aber wohl kein glänzender Mathematiker oder Geograph. Es handelte sich da laut V.Bialas nur um 35.500 km
Ziemlich genau hatte aber bereits viel früher Eratosthenes von Kyrene * zwischen 276 und 273 v. Chr. in Kyrene † um 194 v. Chr. in Alexandria den Erdumfang ermitteln können. Eratosthenes war auch Leiter der Bibliothek von Alexandria und hatte Zugang zu allen wichtigen Werken für seine Forschungen.
Er hatte den Erdumfang ziemlich genau mit 40.320 km, also nur etwa 300 km zu groß berechnet. Außerdem berechnete er die Größe von Sonne und Mond und konnte auch die Schiefe der Ekliptik besser messen als Oinopides von Chios, welcher im 5. Jh v.Chr auf 24° kam. Zudem stellte er fest, dass das mit den Tagen im Jahr nicht recht aufgeht.
Daraufhin ordnete Ptolemaios III. im Jahr 238 v. Chr. eine Kalenderreform an, mit der alle vier Jahre ein Schalttag eingefügt wurde. Die Reform, die das Prinzip des Julianischen Kalenders vorwegnahm, setzte sich allerdings nicht dauerhaft durch.
Anscheinend waren die Europäer, obwohl nur Fragmente erhalten geblieben waren, dennoch auf diese Berechnung des Erdumfanges gestoßen aber nicht im Original sondern auf eine arabische Überlieferung und da war der Erdumfang in arabischen Meilen angegeben, was 40.800 km ergeben hätte.
Nur wenn man dann so dumm ist und stattdessen mit römischen Meilen rechnet, kommen nur 30.192 km heraus. Das erklärt dann den unpassenden "Erdapfel" von Martin Behaim.
4-mal bearbeitet. Zuletzt am 14.10.17 11:40.