Datum: 08. März 2017 20:25
Am dritten Septembersonntag konnte ich die bisher umfangreichste Stationstour in den Harz und das (von hier aus betrachtet) Hinterland unternehmen und dabei sieben Standorte aufsuchen. Bereits erschienen sind die Berichte aus Braunlage [
www.wzforum.de], Wernigerode [
www.wzforum.de] sowie die ergänzenden Bilder zu bereits bestehenden Berichten aus Seesen [
www.wzforum.de] und Bad Harzburg [
www.wzforum.de]. Es folgen noch Wernigerode-Schierke und Huy-Pabstorf.
Geographie:
Quedlinburg liegt im nordöstlichen Harzvorland im Landkreis Harz ca. 50 km südwestlich der Landshauptstadt von Sachsen-Anhalt, Magdeburg. Die mittlere Höhe beträgt 123 m über NN, die
der angrenzenden Höhenzüge bis zu 181 m. Quedlinburg liegt am Fluss Bode und hatte per 31.12.2015 knapp 25.000 Einwohner. Im Fernverkehr ist die Stadt günstig über die autobahnähnlich ausgebaute B6 zu erreichen.
Stationshistorie:
Auf den ersten Blick noch kurz, wenn man bei sklima oder in der Metadatenbeschreibung des DWD schaut, könnte man auf die Idee kommen, die Messreihe habe erst 1991 begonnen.
In Wahrheit ist es wieder mal viel komplizierter und leider auch nicht vollständig aufzulösen.
In der Liste der Inhomogenitäten finden sich Hinweise, dass die Geschichte der Station bis ins Jahr
1887 zurückgeht. Details über die Zeit von 1887-1948 sind aber nicht zu finden.
Über die Zeit danach heißt es dort:
Juni 1948: Verlegung (? ("Einrichtung einer Klimastation auf dem Gelände des Institutes für Züchtungsforschung"))
28.04.1956: Messfeld um 50m nach Süden verlegt
01.01.1970: Beobachterwechsel
01.10.1997: Beobachterwechsel, Austausch des Thermographen und Hygrographen
21.04.1998: Besuch der Station, Austausch des Thermo- und Hygrographen
01.01.2000: Beobachterwechsel
Seit dem 01.02.2000 ruht die Klimastation
Für die Zeit von 1948-1991 finden sich aktuell keine Daten und Messwerte auf den DWD-Seiten (CDC-ftp und WebWerdis). In der Stationsgeschichte der Messgeräte sind wiederum Daten ab 1948 vorhanden, Messwerte aber wie erwähnt erst ab 1991. Bis Januar 2000 wurde im Süden der Stadt gemessen (schwarzer Pfeil), danach ist die Messreihe fast sieben Jahre unterbrochen. Am 01.12.2006 erfolgte die Aufnahme der offiziellen Messungen am aktuellen Standort (roter Pfeil) an der Taubenbreite im Nordwesten. Interessant in der Stationsgeschichte der Messgeräte ist der Eintrag, nach dem zuvor im November 2006 noch Messungen der Lufttemperatur mit PT100 am alten Standort stattgefunden haben. Wenn dies korrekt ist, gab es also offenbar noch Parallelmessungen zwischen dem früheren, 19 m niedriger gelegenen und dem heutigen Standort. Es könnte aber auch ein Dokumentationsfehler sein, denn üblicherweise finden sich in dieser Übersicht die vorausgehenden internen Messungen und die nachfolgenden offiziellen gesondert aufgeführt, so dass auch einfach die geographischen Daten vertauscht worden sein könnten.
Wie auch immer: Seit dem 01.12.2006 arbeitet die Station im nebenamtlichen Messnetz AMDA III auf einer Höhe von 142 m. Neben dem automatischen Basisprogramm aus Lufttemperatur- und -feuchtemessung in 2 m, der Temperaturmessung 5 cm über Grund und der Niederschlagsmessung sowie der Schneehöhen-Handmessung durch den ehrenamtlichen Beobachter zwischen Oktober und April gehören zusätzlich auch die Messungen der Erdbodentemperatur und seit dem 01.06.2008 mit der Erweiterung der Station auch Wind- und Sonnenscheindauermessungen dazu. Quedlinburg verfügt somit für ein Nebenamt über ein außergewöhnlich umfangreiches Messprogramm!
Windmesser und Sonnenscheinsensor sind an einem gemeinsamen Mast angebracht, der Windsensor Classic 4.3303 auf 10 m über Grund wurde bereits nach gut einem Jahr am 23.09.2009
durch ein Ultrasonic Anemometer 2D ersetzt, als Sonnenscheinmesser arbeitet ein SONIe auf 6 m über Grund, der am 24.08.2011 gegen ein Exemplar desselben Typs ausgetauscht wurde.
Von oben bereits gut zu erkennen sind die zwei separaten Parzellen:
Klima:
Auffällig ist die
geringe Niederschlagssumme im langjährigen Mittel. Für den Zeitraum 1961-1990 gib der DWD eine Jahressumme von lediglich 437,8 mm an (für die zwischenzeitliche reine RR-Station mit der ID 4033 auf 125 m sind hingegen 494,5 mm genannt, was eine doch erstaunlich große Differenz darstellt) und für die Periode 1981-2010 dann 538 mm, was ein ungewöhnlicher großer Anstieg wäre und im Kontext mit den Daten der RR-Station den älteren Klimawert doch fraglich erscheinen lässt.
Unabhängig davon ist Quedlinburg aber einer der niederschlagsärmsten Stationsstandorte im Netz des DWD. Bei West- und Süwestwindlagen im Lee des Harzes gelegen fällt aus den Wolken durchziehender Tiefs auch in den Sommermonaten nur relativ wenig Regen (nur der August ist im jüngeren Klimamittel mit einer Monatssumme von über 60 mm angegeben). Der Regenschatten des Harzes wird auf dieser Grafik schön dargestellt:
Quelle: [
commons.wikimedia.org]
By Thomas Wozniak (Own work) [
GFDL,
CC-BY-SA-3.0 or
CC BY 2.5],
via Wikimedia Commons
Die
Jahresmitteltemperaturen sind mit 8,8 °C (1961-1990) bzw. 9,3 °C (1981-2010) angegeben.
Auf die
Extremwerttafel wird verzichtet, da erst ab 1991 verfügbare und um fast sieben Jahre unterbrochene Daten vorliegen.
Stationsstandort/Bilder:
Was auf den Blick von oben nicht unbedingt gleich erkennbar ist: Trotz der Positionierung im Siedlungsgebiet ein wirklich gut geeigneter Standort, an dem die äußeren Einflüsse durch Bebauung und Bewuchs als gering und damit weitgehend unbedeutend einzustufen sind (sonst stünde dort auch kein Windmesser). Der Standort profitiert von einer leicht erhöhten Lage gegenüber der Umgebung und ist sehr gepflegt, die beiden Parzellen sind separat eingezäunt. Zu erreichen ist die Station über die Straße Taubenbreite, neben dem Stationsgelände befindet sich ein Parkplatz des angrenzenden Gartenvereins. Die Zufahrt führt über einen Weg von der eigentlichen Straße:
Der Rasen war zum Besuchszeitpunkt witterungsbedingt (Septemberhitze) weitgehend verbrannt. Die Anlage macht einen sehr gepflegten Eindruck, vor allem das im Nebenamt gerne vernachlässigte Bodenmessfeld war in einem Top-Zustand, wie ich ihn selten gesehen habe.
In der LAM630 waren bereits die neuen Feuchtesensoren verschraubt, was ein mögliches Indiz dafür sein könnte, dass der DWD dieser Station eine gewisse Priorität innerhalb des AMDA-III-Netzes einräumt.
Vorbildliches Bodenmessfeld:
Höherer Baumwuchs nur nach Norden und daher zu vernachlässigen:
Fazit:
So macht eine Wetterstationstour richtig Spaß. Für ein Nebenamt das maximale Messprogramm, zunächst unscheinbar wirkender Standort, der seinen Charme aber bei näherer Betrachtung sofort entfaltet. Piccobello gepflegtes Messfeld, Instrumente technisch auf neuestem Stand und das Wetter hat glücklicherweise auch mitgespielt und rundet die Sache ab. Neben Lippstadt-Bökenförde
[
www.wzforum.de] das bisher schönste Nebenamt auf meinen Stationsreisen.
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"Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch." (Hölderlin)
"Was nützt mir mein Problem? - Die ehrliche Antwort darauf ist immer ein guter Anfang." (Tatort "Hundstage", WDR 31.01.2016)
Wetterstation: Davis Vantage Pro2 aktiv, Standort: Holzminden-Stadt seit 26.12.2014
Extremwerte: Tmax 37,7 °C 04.07.2015; Tmin -10,0 °C 06.01.2017;
RR24h 55,0 mm 24.07.2017; max. GSH 4 cm 21.01.2016
Stationsrohdaten:
Wetterstation Holzminden-Stadt (93 m)
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